Mittelalterliche Bleisärge, -tafeln und -reliquienkästen mit Inschriften

Bachelorarbeit

Samantha Josephine Reichert
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Philosophische Fakultät I – Seminar für Prähistorische Archäologie und Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit

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Abb.15: Vorderseite des bei der Liebfrauenkirche in Halberstadt gefundenen Beschwörungstäfelchens (Rückseite ohne Inschrift). Kein Maßstab angegeben (Muhl/Gutjahr 2013, 34, Abb. 18)

1 Einleitung Die Forschung der letzten zwei Jahrzehnte fokussierte sich größtenteils auf ganzheitliche überordnete Zusammenhänge der Grabstätten christlicher Würdenträger und des Adels. Hierbei konnten bei einigen Ausgrabungen außergewöhnliche Grab- und Reliquienauthentiken gemacht werden, die in ganz Europa vor allem bei den genannten Personengruppen auftraten. Es handelt sich dabei um Gegenstände aus Blei, die außerdem eine Inschrift besaßen, welche an den Funden angebracht oder eingeritzt worden sind. Die Kombination aus Blei zusammen mit einer Inschrift, die meist den Namen des Verstorbenen enthielt, scheint in ganz Europa verbreitet gewesen zu sein und soll in dieser Arbeit untersucht werden. Direkt in Verbindung zum Grabkontext konnten Särge und Tafeln, sowie mobile Gegenstände ausgemacht werden, die diesen Kriterien entsprechen. Des Weiteren kam es aufgrund christlicher Vorstellungen zur weiteren Verwendung dieser Funde, bei dem die Überreste heiliggesprochener Christen, die als Reliquien in bleiernen Behältern aufbewahrt wurden, oder diese zumindest geringfügig mit Blei umschlossen worden sind. Hierbei handelt es sich nicht mehr um den allgemeinen Grabkontext, sondern um Reliquienauthentiken. Diese sollten mit aufgenommen werden, weil es einerseits den expandierten Gedanken hinter dieser Praxis außerhalb des Grabes aufzuzeigen vermag und arbeitshypothetisch all in dieser Arbeit behandelten Gegenstände ein und demselben Denkmuster des christlichen Kollektivs in Europa eingeschlossen werden sollten. Mit Beginn der Recherche wurden einige Forschungsfragen deutlich, die bisher in der Fachliteratur nicht beantwortet wurden: Zunächst stellt sich die Frage, warum gerade Blei für Särge verwendet worden ist. Angesichts der bloßen Stabilität und Funktionalität als Material eines Sarges scheint die Auswahl eher schlecht gewesen zu sein.

Wurde dieses Material als Alternative für einen anderen Stoff genutzt oder war Blei bewusst verwendet worden? Des Weiteren muss die Frage gestellt werden, warum es Inschriften auf diesen Objekten gab, wenn diese kein Betrachter lesen konnte, da sie sich Verborgenen, im verschlossenen Grab, im Sarg, im Epitaph etc. befunden haben. Diesen Umstand der versteckten Inschriften gibt es auch bei den Reliquienkästen, die bisweilen im Kircheninneren an den Altären aufbewahrt werden. Hier sind die Inschriften teilweise am Boden der Kästen angebracht, sodass diese nicht sofort gelesen werden können.

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