Quelle: Bild, 28. November 2024
Text: Janek Könau | Fotos: Fredrik von Erichsen & Pützografie
(Angeregt von einem Posting auf Benecke.Com & meinen sozialen Medien; vielen Dank an die Redaktion für die Erlaubnis zur Verwendung — MB)
Irmenach (Rheinland-Pfalz) – Diese Erfindung spaltet die Gemüter: Der Bildhauer Alexander Simon Ratka (47) will Haustieren ein Leben nach dem Tod schenken – und mumifiziert ihre Körper. Anschließend werden sie in Vitrinen ausgestellt. Besitzer sollen so besser mit ihrer Trauer umgehen können. Aber wie funktioniert so etwas – und was kostet das?
BILD-Besuch im Mumien-Kabinett der toten Haustiere! Der Labrador musste im hohen Alter eingeschläfert werden, wurde Alexander Ratka für die Mumifizierung gespendet, nannte das Werk nach Fertigstellung „Pauls Schlaf“ „Pauls Schlaf“: Der Labrador musste im hohen Alter eingeschläfert werden, sein Leichnam wurde Alexander Simon Ratka für die Mumifizierung gespendet Tiere werden in Vitrinen ausgestellt.
Als würde er nur ein Nickerchen machen, liegt er da. Ein Hundeauge halb offen, die Zungenspitze ragt aus dem Maul. Schwer zu glauben, aber der scheinbar schlafende Labrador wurde schon 2022 eingeschläfert. Den friedlichen Eindruck, den Rüde Paul erweckt, hat der im Hunsrück lebende Bildhauer in Szene gesetzt. Er machte aus dem alten Familienhund, dessen Körper er als Spende erhielt, eine Mumie
Aber wie kommt man auf so eine seltsame Idee?
Kater Franz starb an Altersschwäche. Als Ratka ihn nach der Arbeit tot im Bad fand, hatte die Totenstarre bereits eingesetzt, konnte die Augen nicht mehr schließen, verzierte die Höhlen deshalb mit Blattgold.
Alles begann mit Kater Igor (†3). Als das Tier 2009 überfahren wird, stellt Ratka fest: „Ich wollte ihn nicht beerdigen, wie meine anderen Tiere zuvor.“
Also experimentiert er mit Prozessen, um den Tierkörper zu konservieren, während Igor eingefroren in der Tiefkühltruhe lag. „Ich wollte einen Weg finden, um Igor verletzungsfrei zu mumifizieren. Ohne Organentnahme, ohne Ausbluten.“ Auch klimaneutral und umweltfreundlich musste alles ablaufen.
Schlafen den unendlichen Schlaf – als Mumie! Kater Igor (l.) und Kater Franz liegen in ihren Vitrinen. Ihr Tod brachte den Bildhauer auf die Idee des Mumifizierens von geliebten Haustieren
Wie funktioniert die Mumifizierung?
Jahre später hat Ratka 45.000 Euro investiert und sein Verfahren perfektioniert. Sein Mumien-Geheimnis verraten möchte er aber nicht, das Patent sei noch in Prüfung. Nur so viel: „Die Tiere werden in Mineralien gebadet, anschließend in einer Trocknungskammer ausgetrocknet“, so der 47-Jährige. Eine Katze werde so in einem halben Jahr, ein schwerer Hund wie Paul (28 Kilo) in einem Jahr fertig.
Um die Mumie danach vor Luftfeuchtigkeit und Insekten zu schützen, wird sie luftdicht unter einer Glashaube aufbewahrt. Kriminalbiologe Mark Benecke, auch bekannt als „Dr. Made“, kennt sich auch mit Mumien bestens aus. BILD fragte Verwesungs-Experte Mark Benecke (54), der sogar schon die Mumie von Lenin begutachten dufte. Seine Mumien-Vermutung: „Vielleicht läuft das ganz ähnlich wie bei Lenins Leiche ab. Da wird ein einfaches Bad aus preiswertem Salz angewendet, das Keimen unangenehm ist. Und Glyzerin als Weichhaltemittel“, so der Kriminalbiologe.
Lagen Tiermumien als Grabbeilagen im alten Ägypten regelrecht im Trend, wurde Alexander Simon Ratka für seine modernen Mumien sogar schon beschimpft: „Manche Tierhalter gruseln sich, finden meine Verbindung von Kunst und Trauerkultur würdelos. Aber was ist am Verbrennen oder Vergraben würdiger?“, fragt er.
Die Vitrinen mit seinen geliebten Katern stehen beim Künstler zentral im Wohnzimmer: „Es war ihr Lieblingsplatz. Hier stand früher ein Sessel, wo sich die beiden gern in die Nachmittagssonne gelegt haben.“
Ratka fühle sich nun auch bereit, Aufträge anderer Tierbesitzer anzunehmen. Preis für eine Katzen-Mumie inklusive Vitrine: ab 2500 Euro.