2014 07/08 Nachtplan: Steampunk Festival

nachtplan

Dem Doktor seine Seite

Steampunk-Festival in Meckpomm

Von Mark Benecke

Letztes Mal besuchte ich für diese Kolumne einen Mittelaltermarkt in Berlin, diesmal wars ein Steampunk-Festival in Meckpomm. Melone & Zylinder ab: Mir ist die angeblich nur kurzlebige Grufti-Richtung äußerst sympathisch.

Der Begriff "Opulenz" kriegt beispielsweise eine ganz neue Bedeutung, wenn etwas aus steamgepunktem Leder ist. Denn es ist dick, hochwertig, künstlich gealtert, mit LEDs versehen, supersolide vernäht und Metallteile sind auch noch dran. Das ist was anderes als sauteure Latex-Anzüge, die sich zwar dem Körper anschmiegen, aber vielleicht nicht das kommende Jahrtausend überleben. Gut gefiel mir auch, wie zwanglos sich die Stile mischten. Wo EBMler mürrisch werden, wenn Hose, Hemd und Schuh aus dem falschen Material sind, ging's bei den SteampunkerInnen drunter und drüber: Viktorianische Kleider trafen das gute, alte Trunkhorn, Lupen waren vor bronzene Schweißerbrillen jeschnallt und sogar einige Postpunk-Anhänger fanden ihr Plätzchen zwischen Met, Espresso, Gehstock und Feuerzauber. Nachdem Cybergoths aus mir unerklärlichen Gründen ausgestorben sind (was ist da los?!), dürfte sich Steampunk - wenn er so variabel, schwung- und liebevoll daherkommt - doch als dauerhafte Grufti-Strömung etablieren: Herren können rumschrauben und Damen das ganze in einen Fluss bringen.

Vermutlich ist Steampunk sogar eine Brücke zu Normalos, die sich vor braun und weiß etwas weniger fürchten als vor schwarzen Klamotten. Wer also die Phase der Abgrenzung gegen den fiesen Rest der Welt abgeschlossen hat, sollte mal in diese zu Unrecht geschmähte Ecke schnuppern. Ich jedenfalls hab mir neben einer echten Melone (kein Karnevalsschnickschnack!) auch ein paar saugeile Sterampunksächelchen zugelegt und werde sie bei der Eröffnung des WGT als DJ in der Agra erproben. Aber das habt ihr ja, wenn ihr das hier lest, dann schon selbst gesehen.

Mit grünblauen Stromblitzen und magisch-mechanischem Wunderkästchen wünscht euch eine geile Festivalsaison: Markito a.k.a Tesla II ;)

(Mark Benecke)