nachtplan: Stahl, Kohle, Feuer, Eis und 144 bpm

Quelle: nachtplan, Nr. 102, März/April 2020, Seite 21

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VON MARK BENECKE

Der nachtplan ist ein Ruhrpott-Gewächs. Die Region war früher von Stollen durchzogen, mit Schloten übersät und polnischen Zuwanderer*innen gesegnet. Gestern Nacht legte ich nun im Steelbruch (yep) in Eisenhüttenstadt auf. Die polnische Grenze ist in Laufweite, eine Brücke über den Fluß gibt es allerdings nicht. Das örtliche Stahlwerk ist nach Meinung der Eisenhüttenstädter*innen “zwar das kleinste, aber beste der Welt”.

Es ist schon ein endgeiles Gefühl, als Grufti in einer klirrenden Nacht nach (auch mit Pfeffis) gepfefferten Ladungen KiEw, Stein- kind und Orange Sector (hey, ich durfte auflegen) an der von außen industrieromantisch wirkenden, tatsächlich aber megamodernen Stahl-Fabrik entlangzugeistern, während durch deren Schornsteine blaue Flammen in den einsamen Himmel schießen. Weiter ging’s zu einer Gruppe von Waschbeton-Plattenbauten und da- nach braun gefrorenen Wiesen, auf denen sich rätselhafte, schwarze Halden türmen. Dass das schön ist, verstehen vielleicht wirklich nur Menschen aus dem Saarland, dem Pott und eben Eisenhüttenstadt.

Maschinenmusik vereint nicht nur die Gruftis dieser Erde, zumindest die elektrischen. Aus der wummernden Tiefe hämmert sie uns zugleich den Sound der Industrialisierung entgegen. Und wo sonst gibt es das schon: Düstere Gefühle, samtweiche Pfoten und 144 bpm, alles auf ein und derselben Party? Na eben.

Wir sehen uns auf dem Amphi und WGT. Ich werde die Maschinen wieder stampfen lassen.

Herzlich der Eure —

Marky Mark