Massentierhaltung & Klima: Essen wir die Welt kaputt?

Quelle: Dokumentation 12. Hamburger Klimawoche hkw, 20.-27. September 2020 (erschienen am 18. Dez. 2020)

Gespräch mit Dr. Mark Benecke, Mathias von Mirbach (Kattendorfer Hof) & Werner Schwarz (Bauernverband)

Moderation Fabian Gebert / Frank Wieding (Hamburger Klimawoche)

Artikel aus Hamburger MOPO

„Wir haben noch 20 bis 30 Ernten, bis das Ding komplett gegen die Wand gefahren ist“

Biobauer Mathias von Mirbach, Werner Schwarz vom Bauernverband und der Kriminalbiologe Dr. Mark Benecke debattierten über Ernährung, Massentierhaltung und Klimaschutz.

Am 26. September drehte sich auf der Klimawoche alles um die Themen „Ernährung & Landwirtschaft“. Am Abend diskutierten Biolandwirt Mathias von Mirbach (Kattendorfer Hof), Werner Schwarz (Präsident des Bauernverbands SchleswigHolstein und Vizepräsident des Deutschen Bauernverbands) und Dr. Mark Benecke (Kriminalbiologe) über „Massentierhaltung und Klima: Essen wir die Welt kaputt?“.

Mathias Mirbach und der Kattendorfer Hof sind Vordenker der Solidarischen Landwirtschaft, die die Marktmacht des Einzelhandels in Frage stellt. „Der Begriff Solidarische Landwirtschaft bezeichnet die Augenhöhe zwischen Verbraucher*innen und Erzeuger*innen. Es geht ganz einfach darum, dass die Kosten der Produktion getragen sind und die Lebensmittel direkt an die Menschen verteilt werden können“, so von Mirbach.

Der Weltklimarat IPCC hatte 2019 in einem Sonderbericht gefordert, dass die Anzahl der sogenannten Nutztiere drastisch reduziert werden müsse, auch in Deutschland. In Deutschland sollen die Tiere für rund 70 Prozent der Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft verantwortlich sein. Rinder würden zudem das besonders klimaschädliche Methan austoßen.

„Wenn wir heute oder zukünftig nicht mehr die 600 Gramm Fleisch täglich essen, die durchschnittlich jede*r Bundesbürger:in isst, sondern eben nur noch 300 oder 150 Gramm, dann wird sich definitiv unsere Tierhaltung anpassen“, sagte Werner Schwarz, selbst Schweinebauer. „Wir erzeugen nichts und schon gar nicht tierische Produkte, die nicht verzehrt werden.“

Und Mathias von Mirbach forderte: „Ich glaube, das Thema liegt in der flächengebundenen Tierhaltung, nämlich die Tiere mit dem zu versorgen, was vor Ort wächst. Keine Futtermittelimporte und natürlich muss der Pro-Kopf-Ver-brauch mit Fleisch runter. Daran kommen wir überhaupt nicht vorbei.“ Man müsse sich klar machen, dass auch unsere Fleischindustrie dazu beiträgt, dass Länder wie China in einem radikalen Maße aufholen, um auch einen erheblich höheren Fleischkonsum zu haben. Mirbach: „Und wir bedienen den mit. Deutschland ist einer der größten Fleischexporteure der Welt inzwischen. Da sollten wir verstärkt hingucken.“

Dass wir schnell und spürbar umsteuern müssten, sah auch Mathias von Mirbach. Er forderte eine Wertschätzung der Erzeugung, da diese immer mehr abnähme. „Es gibt total frustrierte Bauern. Ich kann sie alle verstehen, dass sie frustriert sind, weil sie von dem, was der Handel ihnen an Preisen bietet, einfach nicht leben können.“

Vor der Abenddiskussion hatte Moderator Fabian Gebert mit Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) über seinen neuen Job als Agrarsenator gesprochen. Dabei machte sich Kerstan für den Biolandbau stark und auch der Senator appellierte an die Hamburger*innen, ihren Fleischkonsum zu überdenken: „Es gibt wenig Stellschrauben, wo man einen so großen Einfluss auf CO2 hat, wie beim Fleischkonsum. Wir müssen weniger Fleisch produzieren.“

Und Kerstan plädierte dafür, auch im Einzelhandel das Ordnungsrecht anzuwenden: „Wenn gerade Billig-Discounter ihre Lockangebote mit billigem Fleisch betreiben, dann muss jeder wissen, dass das schlecht fürs Klima ist und die Tiere unter unwürdigen Bedingungen gehalten werden.“ Man dürfe notfalls auch keine Angst vor Verboten haben, so der Senator „Der Klimawandel schreitet so schnell voran und wir haben nicht wirklich die Zeit, bis es der Letzte verstanden hat.“

Dr. Mark Benecke plädierte für sofortige und konsequente Klimaschutzmaßnahmen. Ein bisschen weniger Fleischkonsum würde da nicht ausreichen: „Aus meiner rein wissenschaftlichen Sicht wäre die schnellste Methode, um das Klima zu schützen, dass Verbraucher:innen und alle anderen sich darauf einigen, keine tierischen Produkte mehr zu verwenden.“ Denn würden wir so weitermachen wie bisher, wären die Konsequenzen dramatisch: „Je nach wissenschaftlichen Report, nicht Meinungsreport, haben wir noch 20 bis 30 Ernten, bis das Ding komplett gegen die Wand gefahren ist.“



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